Das Trendwort im Marketing heißt Storytelling.
Zu Recht! Denn was sich erstmal nach Märchenstunde anhört, ist so einfach wie effektiv.
Egal, ob in Produktbeschreibungen, in Blogbeiträgen, in Stellenanzeigen oder bei Reden auf der Bühne, Geschichten bleiben hängen. Ein Jahrtausende altes Konzept – Menschen versammeln sich ums Lagerfeuer und erzählen Geschichten. Sie unterhalten, informieren, lernen voneinander und begeistern sich.
Dabei können Geschichten auch kurz sein.
Bei der Vorstellung des iPods sagte Steve Jobs nicht etwas abstraktes wie:
„Es hat 5 Gigabyte Speicher, ist ein leicht zu bedienendes elektronisches Abspielgerät für Musik.“
Nein!
Er hielt das Mini-Gerät in die Luft und sagte: „Das sind 1.000 Songs in deiner Hosentasche!„
Auch du kannst deine Botschaften mit Geschichten eingängig machen, Spannung aufbauen und Verständnis schaffen.
In diesem Artikel erkläre ich, wie du Storytelling im Marketing anwendest.
Warum Storytelling im Marketing wichtig ist
Qualität ist uns sehr wichtig…,
…Tradition seit 1953…,
Die Kunden stehen bei uns im Mittelpunkt…
Kennst du Botschaften wie diese? Sie sind allgegenwärtig und daher leider nichts Besonderes.
Das sagt jeder.
Gute, ehrliche und persönliche Geschichten allerdings merkt man sich und erzählt sie weiter.
Wie diese zum Beispiel:
Bei meinem Bäcker wird täglich frisch gebacken und zwar vom Mehl bis zum fertigen Brot. Es werden nur 4 Grundzutaten verwendet. Der Sauerteig wird immer am Vortag aufgefrischt und reift über Nacht bis ihn die Bäcker um 21:00 Uhr wecken. Dann fangen sie an zu arbeiten und machen alles selbst in Handarbeit, damit ich am nächsten Morgen ein gesundes Brot kaufen kann.
Ich habe es gesehen, auf der Webseite wird alles beschrieben.
Das ist weit besser als Einheitsfloskeln.
Entscheidungen werden nie rational getroffen, sondern immer emotional. Rational werden sie anschließend begründet.
Gutes online Marketing erzeugt Emotionen. Und Geschichten über Menschen, von Menschen und für Menschen sind ein ideales Werkzeug dazu.
Du legst den Fokus auf deine Kunden und dich – ihre Probleme und deine Lösung – nicht auf austauschbare Dinge.
Deine Kunden fühlen mit. Dadurch entsteht Spannung und Vertrauen. Du wirst unterscheidbar und bemerkenswert.
Wie Storytelling im Marketing funktioniert
Wissenschaftler haben tausende von Geschichten aus allen Zeiten der Menschheit analysiert und herausgefunden, welche Form am erfolgreichsten war.
Es ist die sogenannte Heldenreise.
Du findest sie überall. Von der antiken „Oyssee“, über „Die Bibel“, Märchen bis in die moderne Zeit zu „Star Wars“ und „Der Herr der Ringe“.
Ein einfacher Aufbau sieht so aus:
- Ein Held,
- hat ein Problem,
- trifft einen Mentor,
- bekommt einen Plan
- und geht auf die Reise.
Was heißt das für dein Marketing?
Der wichtigste Punkt ist:
Du bist niemals der Held! Deine Zielgruppe ist der Held. Du bist der Mentor!
In Mittelerde: Dein Kunde ist Frodo – du bist Gandalf.
Der Grund liegt im menschlichen Egoismus. Ohne böse Absicht, aber dein Kunde interessiert sich in erster Linie für sich selbst, nicht für dich. Du wirst erst dann interessant, wenn du ihm bei seinem Problem hilfst. Er ist nicht dazu da, deine Probleme zu lösen.
Aber wie setzt du das um, zum Beispiel auf deiner Webseite?
Beschreibe dein Unternehmen nicht mit Worten wie:
Wir bieten…, wir haben…, wir können…
Auf erschreckend vielen Internetseiten liest man ausschließlich: Wir, wir, wir, ich, ich, ich…
Schreibe lieber in dieser Form:
- Unsere Kunden sind…, besonders wichtig ist ihnen…
- Dabei haben sie aber zunehmend Probleme mit…
- Unsere Expertise und Erfahrung hat uns gezeigt, dass…
- Deshalb empfehlen wir Ihnen…
- Wenn Sie in der gleichen Situation sind, tun Sie jetzt … und wir werden Ihr Ziel gemeinsam erreichen.
Du musst diese Formel nicht in jeglicher Form deines Marketings schablonenhaft anwenden. Die Vorlage kann aber helfen. Vor allem: stelle deine Zielgruppe und ihr Problem ins Zentrum.
Es geht nicht darum, was du willst/ hast/ bietest, sondern darum, wem du wobei behilflich bist.
Storytelling im Marketing der Autoindustrie
Schon klar, der Vergleich zwischen Großindustrie und regionalem Unternehmertum hinkt.
Hier geht es aber um die effektive Nutzung von Geschichten.
Und um zu verdeutlichen, wie mächtig sie im Marketing sein können, habe ich ein Beispiel gewählt, von dem auch du bestimmt schon gestreift wurdest. Wahrscheinlich hast du eine Meinung zum Thema und die hast du durch Geschichten.
2 Fragen
Was verbindest du mit Elon Musk? Was mit Carlos Ghosn?
Die meisten Menschen fragen sich jetzt: Carlos Wer?
Das ist genau der Punkt.
Der eine (Musk) ist Chef von Tesla Motors, eines zum Teil immer noch belächelten Start-Ups aus dem Silicon Valley, gegründet 2003. Er hat aber eine mitreißende Geschichte.
Der Andere (Ghosn) war 20 Jahre Chef der mächtigen Autoallianz Renault-Nissan, dem weltweit größten Produzenten von Elektroautos. Mitreißende Story? Fehlanzeige! Keiner kennt ihn.
Musk und Tesla
Musk hat es mit SpaceX, seiner anderen Firma, als erstes kommerzielles Unternehmen geschafft, eine eigene Rakete in den Weltraum zu schicken (das machen sonst Staaten). Mittlerweile beliefern sie regelmäßig die ISS, schicken (demnächst) auch Menschen ins All und haben endlich das Spaceshuttle ersetzt. Deutlich ressourcensparender, sicherer und viel, viel günstiger!
Jetzt wird es fantastisch.
Er hat die Vision, die Menschheit zu einer multiplanetaren Spezies zu machen und mit SpaceX den Mars zu besiedeln. Er fürchtet nämlich, dass wir Menschen die Erde recht bald zerstört haben werden. Und Ja – der meint das ernst!
Mit Tesla möchte er den Übergang zur Elektromobilität beschleunigen und so in der Zwischenzeit dazu beitragen, dass wir der Erde etwas mehr Zeit verschaffen.
Ein Verrückter?
Mag sein, aber unabhängig davon, was wir von ihm halten:
Das ist mal ’ne Story!
Zielgruppe Kunden:
Wie bei Apple und Computern, wollen alle technikbegeisterten Autofreaks unbedingt dieses Produkt. Es bedient extrem den Zeitgeist der Ökologie. Tesla-Kunden sind echte Fans. Sie wollen das Auto überall zeigen und schwärmen in höchsten Tönen davon.
Zielgruppe Fachkräfte:
Hier wird es noch deutlicher: Die besten Jung-Ingenieure der Welt rennen ihm die Bude ein, um 16 Stunden täglich zu arbeiten und auf Feldbetten in der Fabrik zu schlafen. Sie haben kaum Urlaub und verdienen deutlich weniger als in etablierten Konzernen.
Fachkräftemangel ist woanders.
Warum? Es ist die Story. Die Kunden und Mitarbeiter haben ein großes Ziel, den Planeten retten. Dafür brennen sie – dazu tragen sie als Helden bei.
Musk ist ihr Mentor. Er ist das Gesicht von Tesla, er steht und spricht für seine Firma. Er ist sichtbar, macht Rabatz und hat eine echte Mission, die inspiriert und die man ihm abnimmt.
Auf Teslas Webseite steht:
Tesla steht für eine Mission: Die Beschleunigung des Übergangs zu nachhaltiger Energie. Tesla wurde 2003 von einer Gruppe von Ingenieuren gegründet, die beweisen wollten, dass Elektrofahrzeuge keinen Kompromiss bedeuten, sondern mehr Leistung, Beschleunigung und Fahrspaß als Benziner bieten können. Heute baut Tesla neben reinen Elektrofahrzeugen auch unbegrenzt skalierbare Stromerzeugungs- und Stromspeicherprodukte. Das Tesla-Credo: Je schneller wir unsere Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen überwinden und eine emissionsfreie Zukunft verwirklichen, desto besser.
Daneben Renault-Nissan
Auf deren Webseite steht zwar, dass man der größte Produzent von Elektroautos wäre, ansonsten verweist man auf die Vergangenheit:
Uns gibt es seit 19…, wir sind die Besten, wir sind bewährt, wir sind überall.
Das kann jeder sagen (und es sagt auch jeder)!
Eine Mission ist nicht zu finden. Wahrscheinlich sah man Elektroautos ursprünglich als interessanten Nischenmarkt, mit hohen Margen für die Aktionäre. Man weiß es nicht, denn sie sagen es nicht.
Und das Gesicht der Firma?
Carlos irgendwer.
Ist das ein Mentor?
Aufgefallen ist er weniger mit wegweisenden Visionen, sondern mit ausschweifenden Luxus-Partys und Steuer-Problemen.
Als Kunde:
Warum sollte ich ein Renault-Nissan Elektroauto kaufen? Eigentlich nur, weil ich mir keinen Tesla leisten kann.
Als Ingenieur:
Warum sollte ich bei Renault anfangen? Das ist ein sicherer Arbeitsplatz mit geregelten Arbeitszeiten, viel Urlaub, großzügigen Sozialleistungen und hoher Tarifbezahlung.
Und nun zu dir. Denke an die beiden Beispiele, welche Art Kunden und Mitarbeiter hättest du lieber?
Fazit
Faktenbasiertes Marketing, auf Dinge und Spezifikationen ausgerichtet, ist beliebig. Es geht heute in der ständigen Dauerwerbebeschallung unter.
Geschichten machen den Unterschied. Mit ihnen baust du Spannung auf, verankerst deine Botschaft und begeisterst die Menschen.
So bemerkt man dich und deine Zielgruppe erkennt, dass du der/die Richtige bist, um sie zu führen. Dass es sich lohnt, mit dir am gleichen Strang zu ziehen.
Und ja, das funktioniert auch bei dir, besonders gut sogar. Schließlich gibt es nirgends mehr Geschichten als in regionalen Unternehmen.
Erzähle sie!
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