Marketing im allgemeinen und natürlich auch Online Marketing, kann etwas verbessern. Wenn es an den richtigen Stellen ansetzt.
Der Erfolg regionaler Unternehmen ist heute weit mehr von Kultur abhängig als von Technik und Statistik – auch online.
Kultur, das heißt: Menschen wie wir, tun Dinge wie diese.
Dies ist einer der zentralen Sätze aus Seth Godins aktuellem Buch „This Is Marketing“. Mich hat dieses Buch begeistert und ich möchte einige Prinzipien daraus mit dir teilen. Natürlich so, dass sie auf regionale Unternehmen anwendbar sind.
Im Grunde sagt er dort: Es ist nicht leicht und es gibt keine Abkürzung. Nachhaltig gutes Marketing erfordert emotionale Arbeit mit Empathie, Großzügigkeit und Demut. Es ist ein Geschenk für unsere Kunden und es ist Kunst. Wir machen Marketing, um Dinge zu verbessern. Dabei verändern wir die kulturellen Sichtweisen der Menschen, für die wie arbeiten.
Also nicht: Mehr Kunden, mehr Umsatz, mehr Werbung, mehr Emails. Sondern: BESSER statt MEHR.
Das alles spricht mir aus der Seele, nur dass ich bisher nicht die richtigen Worte gefunden hatte. Das Marketing, das ich für regionale Unternehmen umsetze, beruht auf den gleichen Prinzipien.
Das hört sich erstmal noch kryptisch an?
Es wird gleich klarer. Inspiriert von Seths Buch werde ich dir in diesem Artikel konkret zeigen, was für mich besseres Marketing bedeutet. Dazu gibt es am Ende einen umfangreichen Beispielvergleich.
Besseres Online Marketing ist effektiv
Menschen wie wir, tun Dinge wie diese.
Jeder von uns wird von inneren Stimmen, tief verwurzelten Glaubenssätzen und Routinen geleitet. Es ist unsere Kultur, bestimmte Dinge zu tun, zu verwenden, zu essen, zu kaufen. Genauso, wie es die Leute um uns herum machen. Die Gruppe, der wir uns zugehörig fühlen, unser Stamm sozusagen – Menschen wie wir.
Ein effektiver Marketer findet heraus, wer „Menschen wie wir“ sind und was „Dinge wie diese“ sind. Dann verändert er die Kultur, um den Satz wahr zu machen.
Wir müssen eine kleine Gruppe von Menschen auswählen, die unsere Werte und Interessen teilt – „Menschen wie wir“. Ihnen bieten wir eine bemerkenswerte Leistung an.
Keinen Standard. Nichts, was jeder kann. Eine echte Verbesserung.
Was macht hier jetzt das Online Marketing?
Dies zu erklären, Vertrauen aufzubauen und genügend Spannung zu erzeugen, um Menschen zum Umdenken zu bewegen, ist die Aufgabe von Marketing. Mit Kommunikation, Geschichten, unterstützendem Wissen etc.
Oder wir haben bereits Produkte, die für verschiedene Menschen unserer Region wichtig sind – „Dinge wie diese“. Nun schaffen wir für sie mit Marketing ein Gefühl der Verbundenheit, bringen sie zusammen, bilden eine Gemeinschaft. Sie werden zu „Menschen wie wir“.
Durch diese Gedanken sollte klar werden, dass dies allein mit Werbeanzeigen nicht möglich ist. Werbung schafft kein Vertrauen. Selbst wenn wir es mit Hilfe des Facebook-Algorithmus irgendwie schaffen sollten, die „Menschen wie wir“ präzise zu selektieren (auch wenn vieles möglich ist – vor allem in ländlichen Regionen ist das äußerst schwer) – Werbung unterbricht und nervt die meisten Leute, deshalb wird sie ignoriert.
Du brauchst etwas Besseres!
Mach deine Kunden zu Fans und baue nachhaltige Beziehungen auf. Mit Produkten, die exakt in die Kultur deiner Kunden passen und durch besseres Marketing, auch online. Kommunikation und großzügige Inhalte können zum Beispiel Vertrauen schaffen. Eine lebendige Community stillt das Verlangen nach Verbundenheit und Status.
Werbekontakte sind nicht effektiv. Sie schauen auf den Preis, lernen dich nicht kennen und passen nicht in deine Gruppe. Sie untergraben deine Kultur und sind beim nächsten günstigeren Angebot weg.
Fans sind nachhaltig und damit effektiv. Sie werden dir über die Maßen treu sein, dich weiterempfehlen, dir Feedback schenken und deine besondere „Kunst“ wertschätzen.
Besseres Online Marketing ist auch effizient
Community, Inhalte, Kommunikation?
Ganz schön viel für den Anfang?
Alles auf einmal zu wollen, ist nicht effizient. Du musst nicht gleich bloggen und Seminare veranstalten. Vielleicht willst du das auch nie und das ist absolut okay.
Statt von allem ein bisschen zu machen oder gleich mit Kanonen auf Spatzen zu schießen und 5000€ für eine Hochglanz-Webseite auszugeben: Gehe Schritt für Schritt vor.
Effizient ist es, all das zu tun, was für dich und deine Kunden nötig und sinnvoll ist, aber nicht mehr.
Mach das, womit du dich wohlfühlst und was du händeln kannst, aber behalte die Zügel in der Hand. Der Kontakt zu deinen Kunden ist die wichtigste Schnittstelle in deinem Unternehmen. Überlasse das nicht Dritten.
Selbst, wenn du nur den ersten der folgenden vier Schritte/Stufen gehst, ist das bereits eine immense Verbesserung. Wer alle umsetzt, macht definitiv einen bemerkenswerten Unterschied.
In diesem Artikel habe ich Das 4 Stufen Online Marketing Konzept für regionale Unternehmen übrigens ausführlich beschrieben.
1. Präsent sein
Du betreibst eine eigene Webseite und ein Google My Business Profil. Also findet man dich online, deine Kunden erfahren, wer du bist, wofür du stehst und wie sie dich erreichen.
Dieser erste Schritt ist sehr einfach, schnell und günstig umsetzbar, aber auch ein absolutes Muss. Keine Webseite zu haben, ist heute das gleiche, wie in den ’90ern kein Telefon gehabt zu haben.
Wenn du besonders schnell und unkompliziert präsent sein möchtest, habe ich auch eine eigene Lösung für dich: Hier entlang.
2. Kommunizieren
Du kommunizierst aktiv mit deinen Kunden und Partnern. Du informierst, stellst Fragen, erzählst Geschichten aus deinem Geschäftsalltag.
Außerdem kümmerst du dich um Online-Bewertungen. Dort erhältst du wertvolles Feedback, antwortest und gehst darauf ein.
Soziale Medien sind dafür wie geschaffen, aber auch Bewertungsportale wie TripAdvisor und Yelp könnten sinnvoll für dich sein.
3. Inhalte erstellen
Nur wenige regionale Unternehmen erstellen ausdauernd wertvolle Inhalte. Wer diesen Schritt geht, ist also auf einem hohen Level unterwegs.
Content Marketing ist jedoch aufwendig und der Erfolg ist nicht direkt sichtbar. Es ist eine langfristige Investition in die Beziehung zu deinen Kunden.
4. Communities aufbauen
Mit dem letzten Schritt machst du deine Kunden endgültig zu Fans. Menschen sehnen sich nach Zugehörigkeit und Status. Dies bietest du deinen Fans, indem du sie zusammenbringst und als Mentor anführst.
Du gründest eine Facebook-Gruppe oder, wenn möglich, gar ein eigenes Forum auf deiner Webseite.
Diskutiere dort Fachthemen, moderiere und unterstütze. Achte auf Exklusivität in deiner Community und schätze die Beiträge anderer Mitglieder hoch. Anerkennung verleiht ihnen Status, den zu erhalten oder zu ändern eine der wichtigsten Triebkräfte aller Menschen ist. Das wird eure Bindung noch verstärken.
Auch im echten Leben solltest du dich hin und wieder mit der Gemeinschaft treffen. Veranstalte kleine Treffen, Seminare oder Themenabende.
Beispiele
1. Sabine
Sabine betreibt einen Friseursalon in einer Kleinstadt. Sie nutzt begeistert soziale Medien für ihre Unternehmensdarstellung, postet regelmäßig Grüße und Angebote und ist dort auch privat sehr aktiv.
Um neue Kunden zu gewinnen, möchte Sie nun Werbeanzeigen auf Facebook und Instagram schalten.
Für die Planung und Ausführung beauftragt sie eine spezialisierte Agentur, die ihr mit ihrer Expertise Zeit und Geld sparen soll.
Die Profis erstellen verschiedene Anzeigen für unterschiedliche Zielgruppen und bieten kleine Produktgeschenke oder Rabatte an, um Termine zu machen und neue Kundinnen in den Salon zu locken.
Die Kampagnen haben Erfolg.
Die Werbeanzeigen tragen sich selbst. Sabine hat viele Neukunden gewonnen und zusätzliche Profite gemacht.
Vorteile:
- Sabine hat sofort finanzielle Erfolge erzielt.
- Sie hatte fast keinen eigenen Aufwand.
Nachteile:
- Die Neukunden sind preisgesteuert. Sie halten ständig Ausschau nach neuen Schnäppchen. Sobald ein Mitbewerber den Rabatt überbietet, ziehen sie weiter. Das führt in eine preisliche Abwärtsspirale.
- Die Stammkundschaft beobachtet dieses Vorgehen genau. Auch sie verdienen einen Preisnachlass und werden ihn entweder sofort einfordern oder enttäuscht abwarten. In Zukunft werden sie sich jedoch tendenziell von der Schnäppchenjäger-Kultur anstecken lassen. Sabines gute fachliche Leistung verliert an Wert.
- Sabine begibt sich in eine Abhängigkeit, sowohl von Facebook als auch von der Agentur. Die Anzeigen werden teurer werden, je mehr Werbung in Sabines Region geschaltet wird. Auch die Agentur wird durch zusätzliche Nachfrage teurer. Für Sabine bedeutet dies einen Margenverfall.
- Die Kunden haben ihr Gefühl der Sicherheit und ihre Zufriedenheit mit der gewohnten Qualität verloren. Sie sind nun entweder in Sorge, zu viel zu bezahlen oder ständig auf der Suche nach günstigeren Angeboten.
Hier wurde die Kultur mit Marketing zum Schlechteren verändert. Natürlich können Werbeanzeigen punktuell Sinn machen, sie sollten aber mit Bedacht und nur für neue oder losgelöste Produkte verwendet werden.
2. Claudia
Claudia führt ein Kosmetikstudio in einer Kleinstadt. Sie betrachtet Marketing als eigene Kernaufgabe und hat sich der Passion verschrieben, ihren Kunden die größtmögliche persönliche Aufmerksamkeit zu schenken. Die Digitalisierung begreift sie als Chance, ihrer Zielgruppe noch näher zu kommen.
Sie ist online mit ihrer eigenen Webseite präsent, wird lokal gefunden und erhält regelmäßig Bewertungen und Kundenfeedback.
Über verschiedene Social Media Kanäle kommuniziert sie aktiv und ideenreich mit ihrer Zielgruppe. So bekommt sie ein Gefühl für deren Wünsche und Interessen.
Claudia startet einen Blog, in dem sie ihre Leser gezielt berät.
Sie informiert dort über Hintergründe und Neuerungen ihres Fachgebietes. Sie zeigt aber auch Techniken und gibt Einblicke in ihre persönlichen Werte, Herangehensweisen und Prioritäten. So erzeugt sie Spannung, Vertrauen und macht ihre „Kunst“ begreiflich.
Ihre Kunden sind immer mehr mit ihr verbunden, teilen ihre Inhalte und wollen mehr.
Jetzt werden Kunden zu Fans!
Sie baut eine eigene Community auf. Zunächst mit einer Facebook-Gruppe, später mit einem eigenen Mitgliederbereich auf der Webseite.
Claudia bittet ihre treuesten Kundinnen, auch in der Community aktiv zu werden. Auch sie teilen also ihre Pflegetipps und Vorlieben und bekommen dafür Anerkennung. Das erzeugt Status. Ihre Mitglieder fühlen sich wertgeschätzt und laden aktiv weitere Freunde ein. Claudia berät, moderiert und setzt immer wieder eigene Akzente.
Sie lädt auch andere Fachleute ein. Ein Freund ist Friseurmeister, eine Freundin hat eine Modeboutique. So wird das Netzwerk verbreitert, Zielgruppen verbunden und eine ganzheitliche regionale Stylingberatung kann angeboten werden.
Im Team plant Claudia nun auch Gruppentreffen, Seminare und digitale Produkte. Die Community-Mitglieder helfen bereitwillig beim Testen, geben ehrliches Feedback und sind die ersten Kunden.
Vorteile:
- Aus normalen Kunden werden treue Fans. Sie sind mit Claudia emotional verbunden, kennen sie genau und empfehlen sie persönlich weiter. Ihre Community wird ihre kostenlose Vertriebsmannschaft.
- Claudia wird nicht mehr nur als gute Dienstleisterin wahrgenommen, sondern als Künstlerin ihres Fachs. Der Preis ist für ihre Kunden Nebensache. Sie kommen wegen ihr.
- Claudias Geschäft ist in einer nachhaltigen Aufwärtsspirale. Konjunkturschwankungen oder neue Konkurrenz können ihr vergleichsweise wenig anhaben.
- Ihre Kunden bekommen nicht nur eine hervorragende Kosmetikbehandlung. Sie sind Teil einer Gruppe von Gleichgesinnten, denen Pflege, Styling und Ästhetik wichtig ist. Dort erleben Sie Wertschätzung (Status), Vertrauen und Spannung. Claudia ist ihre Anführerin und Mentorin.
Nachteile:
- Besseres Marketing erfordert viel emotionale Arbeit. Claudia muss bereit sein, sich persönlich einzubringen, für etwas zu stehen, auch einmal unpassende Leute abzuweisen, die Gruppe anzuführen und neue Wege zu gehen.
- Das Ganze kostet Zeit und/oder Geld, falls sie sich Unterstützung einkauft.
Hier hat besseres Marketing eine bessere Kultur geschaffen. Claudias Leistung ist viel mehr als nur eine handwerkliche Tätigkeit. Sie hat Menschen mit gemeinsamen Interessen zusammengebracht. Es war den Aufwand wert.
Fazit
Um nochmal im Sinne von Seth Godin zu schreiben: Wir brauchen heute keine Menschen mehr, die ihre Arbeit wie Zahnräder in Maschinen verrichten. Wir brauchen Künstler. Und jeder von uns kann das in seinem Bereich sein.
Fokussiere dein Marketing nicht nur auf MEHR.
Es gibt genügend Werbung, erspare das deiner Zielgruppe.
Versuche nicht, ohne Aufwand schnelle Erfolge zu erzielen. Sei BESSER, sei ein Künstler.
Tue keine durchschnittlichen Dinge für durchschnittliche Menschen. Leiste etwas Besonderes für besondere Menschen. Verändere ihre Kultur zum Besseren. Menschen wie wir, tun Dinge wie diese.
All das geht mit Marketing.
Titelbild von Ed Judkins auf Pixabay